AUKTIONSHAUS KAUPP Auktion 102 Kunsthandwerk, Antiquitäten und Gemälde

1877 Calw – 1962 Montagnola. Eigenhändiger Brief mit Unterschrift, Montagnola 29. XI.(19)19. Ein Bogen kariertes Papier in Kreuzfaltung. Mit handkolorierter Federzeichnung, eine von reicher, vielgestaltiger Vegetation umgebene, gelb verputzte Basilika mit Glockenturm darstellend. Brief, in dem er sich bei FrauMoilliet für die Übersendung eines Korbs mit Äpfeln bedankt: «Liebe FrauMoilliet, es ist Abend, ich sitze bei meinemKaminfeuerchen, draußen liegt viel Schnee u. hier drinnen liegen Ihre Äpfel, denn heut Mittag ist der Korb angekommen, mit dem Sie mir soviel Freude gemacht haben! Ich sage Ihnen viel herzlichen Dank! Die Äpfel sind ganz pracht- voll, u. Nüsse hatte ich dies Jahr überhaupt noch keine in der Hand. Den geheimnisvollen Schnaps werde ich dann in einer feierlichen Stunde eröffnen u. eingießen [?] u. dabei an Diemerswyl denken. Das tut zwar auch sonst schon sehr viel, namentlich seit Schnee u. kurze Tage einen an die Höhe der Weihnacht erinnern. Dies Jahr werde ich leider keinen Baum zu rüsten haben, u. keinen Film aufzurollen. Aber irgend etwas wird es doch auch geben, u. für alle Fälle sind die Äpfel, Nüsse und der Schnaps ja da! Die Leute hier sind entsetzt über den frühen und strengenWinter. Eine Ahnung Schnee, dieWege kaum gangbar, teils Brei u. Pflatsche [?], teils Glatteis! Die Magnolienbäume sehen aus, wie wenn sie von einer Dekoration her nur aus Versehen stehen geblieben wären. Aus meinem Fenster sehe ich denMonte Salvatore gegenüber, jetzt tief im Schnee, u. ein grauer Sturm [?] drüber. Ich denke an den Garten in Diemerswyl, ob Johannes noch bellt, ob das Motorrad noch vor demHause knattert, ob Jacqueline noch imWagen schläft? Grüßen Sie mir denMann, die Kinder, den Garten, die M[...], den Gärtner, die Gegend von Herzen. Mit vielem Dank u. vielen Grüßen u. guten Wünschen Ihr HHesse». H. 21,4, B. 27 cm (Blattgröße).  Wir danken Frau Dr. Gunilla Eschen- bach, Deutsches Literaturarchiv Marbach, für die wissenschaftliche Beratung via E-Mail, anhand von Photos, 14.09.2021.  Provenienz Marguerite Moilliet, Schwägerin des Malers Louis Moilliet (1880 – 1962); durch Erbfolge über- gegangen in Privatbesitz Müllheim. Der Schweizer Maler und Glasmaler Louis Moilliet, ein Vertreter des Orphismus, besuchte im Sommer 1920 Hermann Hesse im Tessin, worauf er zum Vorbild für die Figur des Malers Louis in dessen Erzählung «Klingsors letzter Sommer» avancierte. 29241/102352

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